Stettfelder Abendvorträge 2011
Dieser Seite entnehmen Sie bitte die Berichte der Stettfelder Abendvorträge sowie Berichte über weitere Veranstaltungen des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld aus 2011.
Wechselvolle & faszinierende Vergangenheit
Thomas Adam aus Karlsruhe, Kulturreferent und Museumsleiter in Bruchsal und bekannter Autor zur regionalen Kultur und Geschichte hat am 18.01.2011 einem höchst interessierten Publikum – mehr als 60 Teilnehmern – sehr facettenreich und reizvoll bebildert vom Kraichgau berichtet.
Dieser erste Vortrag im Jahr 2011 im Rahmen der Stettfelder Abendvorträge befasste sich mit der Vorstellung des neuesten Werkes von Thomas Adam, der Kleinen Geschichte des Kraichgaus, die vom Referenten zeitlich zwischen dem homo heidelbergensis aus Mauer (600000 Jahre alt) und TSG 1899 Hoffenheim (Fußball-Bundesliga seit 2008) eingegrenzt wurde . Dabei hat er den Zuhörer zunächst mit der Frage konfrontiert: Wo und was ist eigentlich der Kraichgau? Dazu gab der Referent einige Anekdoten zum Besten, die das Publikum mehr als einmal zum Schmunzeln brachte. Haben doch immer wieder Einheimische ernsthaft geäußert, dass ihr Landstrich nicht zum Kraichgau gehört. Adam und mit ihm die Mehrzahl der Bewohner definieren den Kraichgau als das Hügelland zwischen Schwarz- und Odenwald, das in wechselvoller Geschichte von bedeutenden Ereignissen und Namen genauso zeugt wie von bitterem Leid der Bevölkerung, die stets dem Durchzug fremder Heere ihren Blutzoll entrichten musste.
Keine Landschaft in Deutschland hat durch Realteilung mehr kleine und kleinste adlige Herrschaften und entsprechend viele kleine und größere Schlösser und Burgen hervorgebracht. Durch die konkurrierenden kleinen Herrschaften wurde die geistige Elite gefördert, die immer wieder auf kurze Distanz ihre Sponsoren fand. Auch Minderheiten wie Juden oder Hugenotten fanden oft Schutz in den Kleinststaaten.
Die Realteilung bei den landwirtschaftlichen Betrieben führte zu immer kleineren Einheiten, die schließlich ihre Besitzer kaum noch ernähren konnten. Dabei ist das Kraichgauer Hügelland dank gewaltiger Lößschichten eine sehr fruchtbare Gegend.
Zu Beginn der Industrialisierung verdingten sich viele Bauern als Tagelöhner in der Industrie, um sich ein Auskommen zu sichern. Erst im 20. Jahrhundert wurden durch Flurbereinigung aus den Kleinstparzellen schließlich wieder bewirtschaftbare Äcker. Mit großem Applaus und einer regen Diskussion endete dieser Vortragsabend.
Antike Mythen im Wandel - Herkules - Apollo - Minerva
War der Titel des Stettfelder Abendvortrags von Manfred Berberich am Dienstag, dem 15.02.2011 vor mehr als 40 Zuhörern. Der Referent startete mit Apollo, dem nach dem Göttervater Jupiter die größte Bedeutung in der antiken Mythologie zukommt. Apollo ist zum einen der Pfeilgott, der strafende und sühnende, auch verderbenbringende und heilende Gott, der Gott des delphischen Orakels. Weiter ist er der Gott der Leier, der Gott der Sänger. Schließlich wird er auch als Sonnengott verehrt. Die verschiedenen Eigenschaften werden einerseits in der Ilias des Homer, die des Phoebus Apollo, des Lichtgottes aber erst später erwähnt. Hier ersetzt Apollo im Laufe der Zeit den ursprünglichen Gott Helios. Die Insignien des Apollo sind einmal die Pfeile, mit der die göttliche Ordnung verteidigt, die Hybris bestraft wird. Die Leier gilt als Symbol für Ordnung, Maß und Harmonie. Der Lorbeer bedeutet Reinigung, Sühne und Ruhm. Der Dreifuß steht für Weissagung, Heilsbringer, Zukunft, goldene Zeit. Die Sonne schließlich steht für Licht und Macht. Herr Berberich zeigte, unterstützt durch ausgezeichnetes Bildmaterial, wie sich der Mythos des Apollo in der Antike weiterentwickelt von den Sybillen und der Verknüpfung Apollos mit Aeneas, dem Trojaner als Stammvater der Römer, über die Apollo-Verehrung unter Augustus bis hin zur Apollo-Symbolik in der Kunst des Mittelalters, der Renaissance, des Barock und des Rokoko.
Minerva ist die Schutzherrin von bürgerlichen Tugenden und gestalterischer Kraft. Sie steht für Klugheit und vorausschauende Planung, kommt aber als Mythos in der Neuzeit schlechter weg als Apollo und Herkules.
Erstaunlich ist die Entwicklung des Mythos Herkules. Seine grundlegenden Eigenschaften, seine Standhaftigkeit und Tugend, seine Stärke und sein Mut ermöglichen seine gewaltigen Heldentaten und den daraus folgenden Ruhm. Zum Beispiel ist Herkules und der nemeische Löwe besonderes Sinnbild für Mut und Stärke geworden. Keine andere Herkulestat wurde von Anfang an so häufig dargestellt. Herkules mit Löwenfell und Keule, das ist der Typ auch des Stettfelder Museums, wie er in der Antike häufig als Plastik erscheint. Herkules ist aber auch der unermüdlich Arbeitende, der der aufgebürdeten Lasten nicht müde wird, ein Held der Arbeit und des Leids. Seine letzte Prüfung, der Todeskampf und die anschließende Vergöttlichung, hat u. a. die antiken Tragödiendichter Sophokles, Euripides und Seneca beschäftigt. Seither ist Herkules in der abendländischen Überlieferung derjenige, der über Arbeit, Anstrengung, Prüfungen und Leid zu Ruhm und Erfolg kommt. Immer wieder wird er auf Münzen, in Gemälden und Plastiken dargestellt. Die Herrscher vergangener Jahrhunderte haben sich mit diesen Werken gern diesem vorbildlichen Helden und Gott gewidmet.
Mit der Lektüre von "Herkules' Tod" aus den Metamorphosen von Ovid und Hölderlins "Sonnenuntergang" beendete der Referent seine umfangreiche Darstellung der antiken Mythen und ihrer Wirkung bis in unsere Zeit.
Eröffnung der Sonderausstellung: Meissel - Griffel - Feder, Schreiben im Römischen Reich
Der Freundeskreis Römermuseum Stettfeld präsentierte am 23.03.2011 eine interessante, interaktive Sonderausstellung, Dauer 27.03 - 31.07.2011, über einen spannenden Bereich antiken Lebens.
Der Vorsitzende des Freundeskreises, Michael Schimmelpfennig, hob die Bedeutung einer solchen Ausstellung für die Attraktivität des Museums hervor und betonte, dass alles in Eigenregie erfolgte. Die wissenschaftliche Betreuung übernahm zum wiederholten Mal der Archäologe und Kenner des römischen Stettfeld, Dr. Peter Knötzele. Eigene Exponate, solche des Römisch-Germanischen Museums Mainz sowie private Leihgaben zeigen eine große Bandbreite des facettenreichen Themas.
In seinem Grußwort gab Bürgermeister Tony Löffler einen Überblick über die Entwicklung der Schrift von den Hieroglyphen über die Keilschrift bis hin zur Weiterentwicklung durch die Römer und die Bewahrung der Schreibkultur in den Klöstern.
Peter Knötzele führte anschließend anschaulich vor Augen, welche Bedeutung Schriftzeichen im täglichen Leben haben und bereits vor 1800 Jahren in Stettfeld hatten - vom Herstellerstempel auf dem Terra-Sigillata-Geschirr bis zur Gladiatorendarstellung auf dem Becher. Und selbst das Kleingedruckte sei keine Erfindung der Moderne, sondern ein Trick, der bereits in römischer Zeit angewendet wurde. Knötzele schlug einen Bogen zur modernen Kommunikation via Internet, die jedoch - nach der Fähigkeit zum Sprechen, der Erfindung der Schrift und des Buchdrucks - erst die vierte Entwicklungsstufe sei und überhaupt nur funktioniere, weil sie auf die Schrift zurückgreife. Die Erfindung der Schrift könne als eine der großen Kulturleistungen der Menschheit verstanden werden, so der Archäologe, mit der es möglich wird, Raum und Zeit zu überwinden. Er machte bewusst, dass die lateinische Schrift in römischer Zeit bereits eine Jahrtausend lange Entwicklung hinter sich hatte und durch die Erhaltung unterschiedlicher Schriftträger wie Stein, Bein, Metall oder Keramik, gestalte sie die Vergangenheit lebendig.
Solche Zeugen einer längst vergangenen Epoche sind bei einem Gang durch die beiden Etagen des Römermuseums zu sehen und wer möchte, kann selbst ausprobieren, wie es sich mit einem Stilus-Griffel auf einem Wachstäfelchen oder einem Federkiel auf Papyrus schreibt. So wie Bürgermeister Löffler, der als erster sein Grußwort mit Tinte auf einer Papyrusrolle, dem aktuellen "Gästebuch", hinterließ.
Mehr als rote Zahlen
Unter diesem Titel hat Dr. Markus Scholz vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz aus Anlass der diesjährigen Sonderausstellung im Römermuseum am 29.03.2011 im Römerkeller Stettfeld referiert. Mit vielen fotografischen Beweisstücken untermauert, überzeugte der Referent das Auditorium, dass römische Ziegel nicht nur Baumaterial, sondern auch vielfältige Informationsträger waren.
Die noch weichen Oberflächen von Ziegelrohlingen haben bisweilen Inschriften und Alltagsspuren unterschiedlicher Art aufgenommen, die durch den Brand im Ziegelofen konserviert wurden. Die noch weichen Oberflächen von Ziegelrohlingen haben bisweilen Inschriften und Alltagsspuren unterschiedlicher Art aufgenommen, die durch den Brand im Ziegelofen konserviert wurden. Während Stempel wegen ihres offiziellen Charakters traditionell eine hohe Aufmerksamkeit in der Forschung genießen, werden die Graffiti in der Literatur bisher eher beiläufig oder als einzelne Kuriositäten gewürdigt. Sie kommen seltener vor als Stempel bzw. gehen oft wohl unerkannt verloren. Das gilt auch für die unabsichtlich oder ohne erkennbare Motivation eingedrückten Spuren von Menschen, Tieren oder Gegenständen.
Die Graffiti erscheinen zunächst als situationsbezogene Notizen oder spontane Äußerungen. Im Gegensatz zu den Stempeln lassen sich fragmentarische Texte wegen ihres individuellen Charakters kaum rekonstruieren. Besser erhaltene Graffiti gewähren aber teilweise bemerkenswerte Einblicke z.B. in Gesellschaft und Umgebung der Ziegeleien sowie in die Spielarten antiken Humors. Dabei genügt es nicht, nur die Inschriften isoliert zu betrachten, sondern gegebenenfalls alle Spuren auf einem Ziegel. Dazu zwei Beispiele: Ein kaum anders als ironisch zu verstehender, in eine mehrere Kilogramm schwere Platte aus Bad Vilbel-Dortelweil geritzter "Liebesbrief" wurde offensichtlich durch die Trittspuren eines Hahns - in der Antike ein beliebtes Fruchtbarkeitssymbol - provoziert. Die Inschrift orientiert sich an der Laufspur.
Über die Hälfte der Oberfläche einer anderen Platte von der Saalburg wird von frischen Fußabdrücken, Sitz- und Knetspuren eines oder mehrerer Kleinkinder bedeckt. In einer noch unberührten Ecke, wiederum auf die Spuren Rücksicht nehmend, steht die Ritzinschrift Oreus (et) Monos (sunt) Cares, magis quam Laurentius = "Oreus und Monos sind Karier (= Unholde), noch mehr als Laurentius". Es liegt die Vermutung nahe, dass die offenbar unbeaufsichtigten Kleinkinder mit den griechischen Namen Oreus und Monos den Ziegelrohling regelrecht als Spielplatz missbrauchten. Statt den Ziegel erneut zu glätten, fügte ein Ziegler diesen launigen Kommentar hinzu. Kinder in der Legionsziegelei sind kein Einzelfall. Der Graffito wird erst durch die Kinderspuren verständlich. Neben den Herstellerstempeln boten frisch gestrichene und zum Trocknen ausgelegte Ziegel auch Flächen für handschriftliche Notizen und Nachrichten, die Einblicke in die ausgeklügelte, schon beinahe industrielle Organisation von Ziegeleien gewähren. Darüber hinaus reizte der feuchte Ziegelton zu allerlei Späßen, Beschimpfungen oder forderte quasi als preiswertes Schulheft zu Schreib- und Zeichenübungen von Kindern wie Erwachsenen heraus.
Der Brand der Ziegel hat der Nachwelt erstaunliche bis heitere Momente im Alltag und gesellschaftlichen Umfeld der Ziegler und Bauherren konserviert. Zufällige Abdrücke und Tierspuren (z. B. ein Ziegel mit dem Abdruck einer erschlagenen Maus, die später einwandfrei von der Spezies her zu identifizieren war) überliefern ansonsten verlorene Begebenheiten des antiken Alltags und sind somit ebenfalls beredte Zeugen des antiken Lebens.
An der Ecke zu Sunnesheim …
zur wiederentdeckten Stadtburg in Sinsheim
Dr. Folke Damminger vom Regierungspräsidium Karlsruhe berichtete am 13.04.2011 über eine wiederentdeckte Burg in der Altstadt von Sinsheim. Als Grabungsleiter des damaligen Landesdenkmalamts Baden-Württemberg organisierte er von März bis November 2004 im Vorfeld der geplanten Errichtung eines Gebäudekomplexes mit Tiefgarage umfangreiche archäologische Ausgrabungen in der Burggasse in der Innenstadt von Sinsheim. Als einzige Spur verwies der Name der Burggasse auf die einstige Existenz einer Burg im Südwesten der Sinsheimer Altstadt. Von der örtlichen Forschung vielfach den hochmittelalterlichen Gaugrafen aus dem Geschlecht der Zeisolf-Wolframe zugewiesen, schien doch eine Identifikation mit dem um 1235 in den Schriftquellen erscheinenden Sitz des kaiserlichen Stadtvogts wahrscheinlicher. Was anfangs nur ein Verdacht war, bestätigte sich mit Fortgang der Grabungsarbeiten. Stück für Stück konnte der annähernd vollständige Grundriss der gänzlich aus dem Stadtbild verschwundenen Befestigungsanlage in ihrer baulichen Entwicklung von der Zeit um 1300 bis in das 15. Jahrhundert freigelegt und untersucht werden.
Auf die ältesten Grubenbefunde aus der Zeit um 1200 folgte eine leichte Fachwerkbebauung, deren Strukturen in ihrer Orientierung dem noch heute gültigen Parzellennetz entsprechen. In der untersuchten Fläche ließen sich drei Bauphasen differenzieren. Die Schichten der jüngsten Bebauung liefen dabei gegen die im Verlauf des 13. Jahrhunderts errichtete Stadtmauer.
Der Zeitpunkt des Siedlungsbeginns auf dem Areal und die regelhafte Ausrichtung dieser frühesten Baustrukturen stützen die Hypothese der historischen Forschung, die in den 1192 durch Heinrich VI. erteilten Privilegien den entscheidenden Anstoß zur Stadtwerdung Sinsheims sieht. Physisch äußerte sich das in der Neuordnung der vorhergehenden Marktsiedlung zu der im heutigen Kataster aufscheinenden mittelalterlichen Stadt.
Obwohl sie möglicherweise schon früher existierte, erhielt die Burg erst mit einem um 1300 in die Stadtmauer-Ecke eingebauten Wohnturm mit dem Grundriss 10 m × 10 m ihre endgültige Gestalt. Begrenzt wurde das 22 m im Quadrat messende Burginnere gegen die Stadt hin von einer stumpf an die Stadtmauer angesetzten Umfassungsmauer von gleicher Stärke. Ein wohl im 14. Jahrhundert im Norden an diese Mauer angebautes Gebäude von 11 m × 7 m vervollständigte das Ensemble. Die im Vergleich zu Stadtmauer und Turm geringere Fundamentstärke spricht dafür, dass diese ein niedrigeres Steingebäude oder gar nur den Steinsockel eines Fachwerkbaus getragen hat.
Die durch zahlreiche Funde bezeugte Nutzung der Anlage währte bis in das 15. Jahrhundert. Der in den Schriftquellen für die Zeit vor 1512 belegte Abbau der Burg ließ sich auch archäologisch nachweisen. An ihrer Stelle wurde ein auf Stadtansichten des 17. Jahrhunderts - so etwa bei Merian - abgebildetes repräsentatives Gebäude von rund 9 m × 15 m Außenmaßen errichtet, das wahrscheinlich in den Jahren des Pfälzischen Erbfolgekrieges einem Brand zum Opfer fiel. Bürgerschaftlichem Engagement und der einsichtigen Kommunalpolitik ist es zu verdanken, dass die Fundstelle erhalten und in die Gestaltung eines neu geschaffenen innerstädtischen Platzes einbezogen wurde.
Ferienprogramm 2011 der Gemeinde Ubstadt-Weiher - Schreiben im Römischen Reich
Erneut hat der Freundeskreis 20 Kinder im Rahmen des Ferienprogramms 2011 der Gemeinde Ubstadt-Weiher ins Römermuseum eingeladen. Schwerpunkt war das Thema der Sonderausstellung "Schreiben im Römischen Reich".
Zunächst wurde den jungen Gästen ein kurzer Abriss der Geschichte unserer Schrift von der Keilschrift bis zu den lateinischen Buchstaben geboten. Außerdem lernten sie die antiken Schreibmaterialien Ton, Papyrus, Wachstafel und Pergament kennen. Praktisch erprobten die Kinder das Schreiben mit Rohrfeder und Tinte auf Papyrus sowie mit dem Stilus auf Wachstafeln und Tonscherben. Nach einem kleinen Imbiss konnten die Kinder ihr Geschick bei römischen Kinderspielen beweisen. Nach den traditionellen Nussspielen Orca und Delta, bei denen die drei besten Spieler mit Preisen belohnt wurden, endete die Veranstaltung mit einem Kreiselwettbewerb.
Die Schlacht von Kadesch
War der Titel des ersten Stettfelder Abendvortrags in diesem Winterhalbjahr. Am Dienstag, dem 25.10.2011 berichtete die Ägyptologin Frau Diana Liesegang M. A. aus Heidelberg vor mehr als 30 Zuhörern über die berühmteste Schlacht in der Geschichte des Alten Orients, die für die damalige Zeit bestens dokumentiert war. Im Jahre 1274 v.Chr. verließ Pharao Ramses II (auch der Große genannt) mit 4 Divisionen (ca. 20000 ägyptischen Soldaten und Söldnern mit rund 2000 Streitwagen) seine ägyptische Hauptstadt und zog nach Norden, um den Einfluss der mächtigen Hethiter im heutigen Syrien und Libanon zu schwächen. Bei der Festung Kadesch aus dem hethitischen Machtbereich stießen die Ägypter mit ihrer ersten Division, nach dem Gott Amun benannt, überraschend auf die massierte Streitmacht des hethitischen Königs Muwatallis II. Durch beiderseitige Fehleinschätzung der Heerführer über die Stärke und Position der gegnerischen Armee konnte Ramses mit Müh und Not einer schweren Niederlage entkommen und mit den Hethitern einen Waffenstillstand aushandeln.
Ramses ließ später den Verlauf der Schlacht als großen Sieg in verschiedenen Tempeln wie z. B. in Abu Simbel in Wort und Bild feiern, wobei er aber indirekt zugab, gravierende Fehler als Heerführer gemacht zu haben. Nach seinen Aufzeichnungen hatte sein Gebet während der Schlacht zu Amun, seinem göttlichen Vater, die Wende zu einem mehr als glimpflichen Ausgang der Auseinandersetzung gebracht. Die Hethiter hatten sich aus bisher unerfindlichen Gründen trotz militärischer Überlegenheit auf die Festung Kadesch zurückgezogen und anschließend Waffenstillstand angeboten. Somit hatte Ramses außer beträchtlichen Verlusten seiner Armee nichts erreicht und musste schließlich ohne das beabsichtigte Ergebnis der Schwächung der Hethiter wieder abziehen. Leider sind die schriftlichen Aufzeichnungen der Hethiter auf Tontafeln in Keilschrift, die in Hattusa, der Hauptstadt, gefunden wurden, mehr als dürftig. Das wird darauf zurückgeführt, dass die Hauptstadt während der Regentschaft von Muwatallis II nach Tarhuntassa verlegt wurde, deren Reste bis heute nicht gefunden wurden.
Diese militärische Auseinandersetzung trug jedoch zu einer neuen Beziehung zwischen Ägypten und Hatti bei und legte den historischen Grundstein für die Entstehung des ersten offiziellen Friedensvertrages der Weltgeschichte, der im Jahre 1259 v.Chr. von Ramses II. und Hattusili III. geschlossen wurde. Dieser Friedensvertrag wurde während und nach der Regierungszeit Ramses II. nicht gebrochen und führte sogar zur Hochzeit einer hethitischen Königstochter mit einem ägyptischen Prinzen. Eine Kopie des Vertrages befindet sich im UNO-Gebäude in New York.
Odins Wald oder “öder” Wald
Odins Wald oder "öder" Wald, natur-und kulturgeschichtliche Impressionen aus dem Kleinen und Vorderen Odenwald
Das war der vielversprechende Titel des Vortrags von Jürgen Alberti aus Bad Schönborn am 28.11.2011. Mehr als 50 Gäste folgten der Einladung und wurden mit ausführlich kommentierten, hervorragenden Aufnahmen belohnt. Der Referent entführte seine gespannten Zuhörer nach einem geologischen Exkurs in das dünn besiedelte Waldland mit vorwiegend herrlichem Buchenbestand und besonderen, im Odenwald wild vorkommenden Pflanzen (z.B. Färberwaid, Küchenschelle und Pechnelke). Rot- und Damwild, Rehe, Wildschweine und viele andernorts bereits ausgestorbene Insekten sind in abgelegenen Gebieten anzutreffen.
Bei Breitenbach steht eine uralte Hainbuche, die sich ungehindert in alle Richtungen ausbreiten konnte. Ein ebenfalls eindrucksvolles Natur- und Kulturdenkmal ist das Bullauer Bild aus dem Jahr 1561, ein vom Baumstamm umwachsener Bildstock.
Neben den vielfältigen Zeugnissen einer von Touristen wenig berührten Natur zeigte Herr Alberti eindrucksvolle Aufnahmen aus der Geschichte der Besiedlung des Odenwalds: Die Einhards-Basilika in Steinbach bei Michelstadt aus dem Jahre 827 ist die bedeutendste romanische Basilika karolingischer Herkunft. Die Hühnerfautei (Hinkelhaus) der Klosteranlage Schönau von 1142 ist eines der besterhaltenen romanischen Profangebäude. Die Burg Wildenburg wurde ab 1190 errichtet und diente anscheinend Wolfram von Eschenbach als Vorbild der Gralsburg im "Parzifal". Die Strahlenburg bei Schriesheim, zu Beginn des 13.Jhdts. aus dem an der Bergstraße anstehenden Porphyr errichtet, bietet einen herrlichen Blick ins Rheintal. Die Türme der Abtei Amorbach sind ebenfalls romanischen Ursprungs, wobei die Abtei selbst als barocker Prachtbau angesprochen werden muss.
In Beerfelden mit der Mümlingquelle steht ein sogenannter dreischläfriger Galgen, eine bis ins 18. Jhdt. genutzte Hinrichtungsstätte auf einer heute als Aussichtspunkt genutzten Bergkuppe. Das Schloss Fürstenau ist eine sorgfältig restaurierte Renaissanceanlage bei Michelstadt. Zu erwähnen sind noch die Stadt Buchen mit ihrem historischen Rathaus und dem Blecker am Stadttor, das Schloss Eberbach, das Palmsche Haus in Mosbach und als besonderer optischer Leckerbissen der Marktplatz von Michelstadt mit dem ältesten erhaltenen Rathaus aus dem Jahr 1484.
Lang anhaltender Beifall für den ausgezeichneten Vortrag belohnte den Referenten.
Merida-Abend am 14.12.2011
Zum Jahresabschluss hat der Vorstand diesmal die Gunst der Stunde genutzt und eine private Exkursion von Helmut Dörflinger, Michael Schimmelpfennig und Freunden nach Merida mit großer Fotoausbeute zu einem unterhaltsamen spanischen Abend für die Vereinsmitglieder umfunktioniert. Merida, auch als das spanische Rom bezeichnet, zog die Herren magisch an, seit ein spanischer Rechtsanwalt anlässlich seines Besuches 2008 im Stettfelder Museum unsere Jubiläumsveranstaltungen im Jahr 2009 mit dem Auftritt einer von ihm geleiteten Römergruppe aufwerten wollte, was aber leider nicht zustande kam. Er revanchierte sich dafür mit der Einladung von Römerfreunden aus Stettfeld nach Merida und konnte sogar eine römisch nachempfundene Villa als Unterkunft anbieten.
Merida ist die Hauptstadt der Extremadura im Südwesten Spaniens. Im Römischen Reich war die Stadt unter dem Namen Emerita Augusta Hauptstadt der Provinz Lusitania. Sie wurde im Jahre 25 v. Chr. von Kaiser Augustus als Kolonie für Veteranen römischer Legionen gegründet. Im Laufe der Zeit wurden zahlreiche repräsentative Gebäude errichtet, die heute noch jeden Besucher beeindrucken: Theater, Amphitheater, Circus, Tempel, Brücken und Aquädukte. Michael Schimmelpfennig eröffnete den Vortragsabend mit Beiträgen über die persönlich- private Seite der Reise. Helmut Dörflinger stellte anschließend das römische Merida mit ausgesuchtem Bildmaterial vor.
Dieser spanische Abend bestand aber nicht nur aus geistiger Nahrung, sondern die Gäste wurden mit spanischem Wein und landestypischen Köstlichkeiten erfreut, die von Ingrid Hemberger, Brigitte Woll und versierten Helfern kredenzt wurden. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg und wurde von allen Beteiligten (rund 60 an der Zahl) ausgiebig gelobt.