Stettfelder Abendvorträge 2012
Dieser Seite entnehmen Sie bitte die Berichte der Stettfelder Abendvorträge sowie Berichte über weitere Veranstaltungen des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld aus 2012.
Spuren am Strom - Vor- und frühgeschichtliche Besiedlung in der Rheinniederung - Kulturraum Philippsburg
Vortrag von Ulrich Pfitzenmeier aus Philippsburg am Mittwoch, dem 25.01.2012.
Mit großem Eifer spannte der Referent den Bogen von den ersten Spuren menschlicher Besiedlung des Rheingrabens über die geschichtlich belegten Zeiten eines Fürstbischofs von Sötern, der aus dem Dorf Udenheim die Festung Philippsburg machte, bis hin in unsere Tage. Der bekannte Heimatforscher hat aus 13 bedeutenden Fundzentren in und um Philippsburg prähistorische Gewässerfunde aus den regionalen Sand- und Kiesgruben gezeigt und kommentiert. Aus den heimischen Funden und frühen Siedlungsnachweisen am Oberrheingraben schließt er, dass dieses Gebiet zu den ältesten menschlichen Siedlungsgebieten Europas zählt.
Die Urnengräber aus der späten Bronzezeit mit gut erhaltenen Schmuck- und Waffenbeigaben, die vielfältigen Spuren der Kelten mit z. B. Grabhügeln und Wohnplätzen aus der Hallstatt- und La-Tène-Zeit oder mit Hortfunden von Eisenbarren lassen auf eine vergleichsweise dichte Besiedlung der Rheinebene im Raum Philippsburg in vorgeschichtlicher Zeit schließen.
Auch die Römerzeit hinterließ deutliche Spuren. In Huttenheim, Rheinsheim und auch in Philippsburg wurden die Reste römischer Gutshöfe entdeckt und immer wieder auch Einzelfunde römischer Provenienz gemacht. Neuere Funde von römischen Mauerresten in Philippsburg könnten auf eine spätrömische militärische Hafenanlage hindeuten.
Die Kaiserpfalz Wimpfen - Neue Erkenntnisse zu Anfang und Ende
Am 27.02.2012 berichtete der bekannte Geologe und Heimatforscher Dr. Ludwig Hildebrandt aus Wiesloch über die Kaiserpfalz Wimpfen, die man zu Beginn des 19. Jahrhunderts offiziell noch nicht zur Kenntnis genommen hatte. Erst gegen Ende des 19. Jhdts. kam die Vermutung auf, dass es sich bei den Arkaden und den beiden Türmen um die Überbleibsel einer königlichen Pfalz aus dem Mittelalter handeln könnte.
Der Referent hat sich gemeinsam mit Nicolai Knauer ausgiebig mit der einschlägigen Literatur des 19. und 20. Jhdts. auseinandergesetzt und dabei viele Widersprüche entdeckt, die zu intensiver Forschung sowohl in den Archiven als auch archäologisch vor Ort führten. Ihre gemeinsamen Erkenntnisse haben sie in "Anfang und Ende der Kaiserpfalz Wimpfen – Ergänzungen zum bisherigen Forschungsstand." in der Publikation des Heimatvereins Kraichgau "Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung, Folge 21, 2009" veröffentlicht.
Die wesentlichen Erkenntnisse bzw. auf archäologischen Funden und bautechnischen Vergleichen beruhenden Vermutungen sind, dass, abgesehen von der älter eingestuften Umfassungsmauer, die ersten Baumaßnahmen zwischen 1150 und 1170 unter der Regierung des Stauferkönigs Friedrich I. (Barbarossa) gestartet wurden.
Der Palas (großer Saalbau) der Pfalz, die angrenzende Kapelle und ein dritter, erst 1983 in seinen Fundamenten entdeckter Bergfried sind etwa in diese Zeit zu datieren. Auch ist belegt, dass sich Friedrich Barbarossa 1182 in Wimpfen aufhielt. Weitere Besuche auf der Durchreise sind wahrscheinlich, was Dr. Hildebrandt mit einer Straßenkarte der damaligen Zeit und Eintragungen im Itinerar Friedrichs zu belegen suchte.
Die weiteren Bauten der Pfalz mit einer Gesamtlänge von mehr als 200 m und einer maximalen Breite von 80m wie das Steinhaus, zwei Bergfriede (Roter und Blauer Turm) werden von Hildebrandt und Knauer auf den Anfang des 13. Jhdts. datiert und mit der Regierungszeit Friedrichs II. in Verbindung gebracht.
Im 14. Jhdt. (nach Hildebrandt/Knauer zwischen 1320 und 1322) kam es, belegt durch archäologische Funde und unterstützt durch Erkenntnisse aus der Geschichtsschreibung zu einer Brandzerstörung der Pfalz , in deren Gefolge die Anlagen schließlich anderweitig genutzt wurden. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte ging das Wissen über die frühere Nutzung verloren.
Dr. Hildebrandt hat die Geschichte der Kaiserpfalz Wimpfen sehr anschaulich und kompetent geschildert und durch viele Ausflüge in Details der Archäologie, der Geologie sowie der Geschichte des damaligen Deutschen Reichs ergänzt.
Rund 60 Zuhörer folgten gespannt den Ausführungen und haben in der folgenden Diskussion ihr großes Interesse an diesem Ausschnitt der heimatlichen Geschichte bezeugt.
Als Römer ins Jenseits - Grabbauten als neue Statussymbole in den nördlichen Grenzprovinzen des Imperium Romanum im 1.-3. Jahrhundert n. Chr.
War der Titel des Lichtbilder-Vortrags, den Dr. Markus Scholz vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz am 27.03.2012 vor über 40 Zuhörern im Stettfelder Römerkeller hielt.
Er berichtete über das Ergebnis von über 5-jähriger Forschungstätigkeit an den verbindenden und unterscheidenden Merkmalen von Grabbauten in den nördlichen römischen Grenzprovinzen.
Zunächst wurden Hügelgräber, wie man sie aus der vorrömischen Zeit schon kannte, zur Bestattung genutzt. Ab etwa 1. bis Mitte des 2. Jhdt. n. Chr. wurden sie in den Rheinprovinzen und Britannia um die aus dem Mittelmeerraum schon früher üblichen Rundgräber (tumuli) ergänzt. In den östlichen Donauprovinzen errichtete man ergänzend die aus dem antiken Griechenland bekannten Rundgräber mit Grabzugang (dromoi).
Parallel fanden mehr und mehr reine Steinbauten Anwendung. Neben prächtig mit Reliefs geschmückten Grabstelen wurden Mausoleen, Grabtempel und Altäre als Übernahme und Weiterentwicklung mediterraner Monument-Typen in ausgesprochen mächtigen Dimensionen zur Berichterstattung über die Funktion und Taten der Verstorbenen benutzt. Gewaltige Ausmaße erreichte z. B. die 23m hohe Igeler Säule, das Grabmonument einer Tuchhändlerfamilie mit Reliefdarstellungen aus dem Berufs- und Familienleben oder der Mainzer Drususstein mit einer Höhe von 22m als tumulus honorarius für den 9 v. Chr. in germania superior tödlich verunglückten römischen Feldherrn Drusus. Sie dienten sowohl der dauerhaften pietätvollen Erinnerung an einzelne Personen als häufig auch der Selbstdarstellung der Familien.
Durch die Wahl bestimmter Architekturformen und Bildmotive sowie durch Grabinschriften ließen sich soziale Unterschiede ausdrücken.
Durch bestimmte Grab-Bautypen wurden regionale Schwerpunkte und Gruppen eingegrenzt. Verfügbare Vorbilder, wirtschaftsgeographische und kulturelle Verbindungen oder Barrieren haben ihre Entstehung beeinflusst. In anderen Fällen entschieden vorhandene oder fehlende Materialien oder künstlerische und technische Fertigkeiten der lokalen Werkstätten über die Gestaltung der Denkmäler.
Die Übernahme und lokale Anpassung von Statussymbolen aus Rom durch den "gehobenen" Mittelstand wurde zum Gradmesser der Romanisierung in den Grenzprovinzen von Britannien über Germanien bis zum Schwarzen Meer.
Kleidung und Identität in der römischen Welt - Neue Erkenntnisse der Textilarchäologie dank Dress-ID
Hieß der Vortrag von Direktor Dr. Michael Tellenbach von den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim (rem), den er im Römerkeller Stettfeld am 16.04.2012 gemeinsam mit Frau Dr. Ursula Rothe, der Projektmanagerin DressID von rem, vor 35 Zuhörern über wesentliche Forschungsergebnisse zu antiker Kleidung hielt. DressID ist ein multinationales und interdisziplinäres Projekt, das, von der Curt-Engelhorn-Stiftung koordiniert, seit 2007 gemeinsam mit Partnern aus sechs weiteren europäischen Ländern durchgeführt und von der EU gefördert wird. Das Interesse der Forscher gilt der Bedeutung der antiken Textilien und ihres Informationsgehaltes in Bezug auf Identitäten, Status und Luxusverständnis aber auch im Hinblick auf Produktionsprozesse, Technologietransfer und Handel.
In den verschiedenen Arbeitsgruppen von DressID, die entweder der Grundlagenforschung oder der Kontextforschung zuzuordnen sind, wurden in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt. Die Vortragenden zeigten die weitreichenden Möglichkeiten und Erkenntnisse auf, die sich aus der interdisziplinären Zusammenarbeit von Chemikern, Physikern, Archäologen, Altphilologen, Historikern, Textilforschern, Restauratoren und vielen anderen ergaben. Die Projektmitarbeiter widmeten sich allen Aspekten der antiken Kleidung, angefangen bei der Faser-, Gewebe- und Farbanalyse, über 14C-Datierung, Rekonstruktion, bis hin zur Interpretation von Bild- und Schriftquellen.
Dank moderner Untersuchungstechniken wurden in der Grundlagenforschung umfangreiche neue Erkenntnisse über die als Kleidung verwendeten Textilien gewonnen. Unter Anderem gewinnt man heute aus mineralisierten Strukturen, Abdrücken auf Münzen oder aus den Korrosionsschichten von Bronzegeräten umfangreiche Informationen über die Art von Textilfasern, ihre Herkunft und Herstellung. Mit Hilfe von transportablen Farbspektrometern gelang die zerstörungsfreie Analyse der verwendeten Farbmaterialien, die zuvor nur auf chemischem Weg möglich war. Die neuerliche Untersuchung von Altfunden aus europäischen Museen mit modernsten Methoden hat weitere wichtige Erkenntnisse gebracht. In der Kontextforschung wurden archäologisch überlieferte originale Textilien, antike Bildwerke und naturwissenschaftliche Analyseergebnisse in Relation gesetzt und die sich daraus ergebenden bemerkenswerten und ganz neuen Erkenntnisse über den persönlichen Besitz antiker Römer vorgestellt.
Als wichtigstes Ergebnis der bisherigen Untersuchungen kann die Textilarchäologie beweisen, dass es im römischen Vielvölkerstaat keine ethnischen Konflikte gab. Ob in Palmyra, der östlichsten Stadt des römischen Reichs oder in Ägypten, ob in Pannonien oder in Britannien, in Gallien oder Germanien, in Spanien oder Italien, alle römischen Bürger waren sowohl Römer als auch Angehörige ihrer ethnischen Gruppe und haben das auch mit ihrer Kleidung zum Ausdruck gebracht: zu offiziellen Anlässen trug der Mann die Toga, ansonsten die jeweilige Landestracht. Die Farbigkeit der Kleidung war ein besonderes Unterscheidungsmerkmal, das den Rang und Stand der jeweiligen Person zum Ausdruck brachte. Ganz besonders gefragt war der kostbare Purpurfarbstoff der Murex-Schnecke. Purpur war schließlich nur noch am Kaiserhof erlaubt.
Die bis jetzt vorliegenden Ergebnisse der Forschungstätigkeit erlauben, dass ab November 2013 eine umfangreiche Sonderausstellung zum Thema DressID in den Reiss-Engelhorn-Museen gezeigt wird, zu der der Freundeskreis Römermuseum Stettfeld eine Exkursion mit kompetenter Führung plant. Eine ausführliche Diskussion schloss sich an und zeigte, dass das Thema auf großes Interesse stieß.
Eröffnung der Sonderausstellung UNESCO-Welterbe Limes im Stettfelder Römermuseum am 10.05.2012
Im Eingangsbereich des Stettfelder Römermuseums steht seit ein paar Tagen ein Auxiliarsoldat im - handgefertigten - Kettenhemd auf Posten. Er ist das Symbol für die Hilfstruppen, die - vor fast 2.000 Jahren - den Limes bewachten. Jene 550 Kilometer lange, mit 900 Wachtürmen und rund 120 Kastellen ausgestattete, künstlich gezogene Demarkationslinie, die die römischen Provinzen Germania Superior und Raetia von Germanien trennte.
14 Schautafeln, die dem Freundeskreis Römermuseum vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen zur Verfügung gestellt wurden, veranschaulichen die Ausgangssituation, den Aufbau, die Funktionen und das Ende dieser Grenze zwischen dem römisch besetzten Provinzen im heutigen Deutschland und dem freien Germanien.
Weitere Exponate aus dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz und private Leihgaben ergänzen die Ausstellung.
Zur Eröffnung der Ausstellung begrüßte der Vorsitzende des Freundeskreises, Michael Schimmelpfennig die anwesenden Ehrengäste wie Bürgermeister Tony Löffler, den Landtagsabgeordneten und Mitglied des Freundeskreises Heribert Rech, den Altbürgermeister und Ehrenbürger Helmut Kritzer und Frau Dr. Sigrid Alföldy, die viel zur Entstehung des Museums beigetragen hat.
Ein launiger Vortrag von Wolfgang Fischer und Helmut Dörflinger, standesgemäß in römischer Kleidung, machte unmissverständlich klar, warum der Limes für das antike Stettfeld so bedeutend war.
In seiner Begrüßungsansprache lobte der Bürgermeister die Arbeit des Vereins, dessen Mitglieder durch "nahezu jährliche Sonderausstellungen" das Museum interessant machten.
Der Archäologe Dr. Peter Knötzele erklärte in seinem Einführungsvortrag die wesentlichen Eckdaten des obergermanisch-raetischen Limes, der als größtes, zusammenhängendes Bodendenkmal Mitteleuropas nach dem Hadrianswall im Norden Großbritanniens als zweiter Teil der Reichsgrenzen des römischen Weltreiches in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Alle weiteren Grenzbefestigungen der Römer sollen später ebenfalls dazukommen.
Die Sonderausstellung vom 13.05. bis 26.08.2012 kann zu den regulären sonntäglichen Öffnungszeiten 10 – 12 und 14 – 17 Uhr des Römermuseums besichtigt werden.
Besuch am 21.07.2012 in Speyer
Eine Gruppe von 18 Mitglieder und Gäste des Freundeskreises Römermuseum fuhren am 21.07.2012 mit Bahn oder eigenem Auto nach Speyer, um zunächst im Historischen Museum der Pfalz die Sonderausstellung Ägyptens Schätze entdecken hautnah zu erleben. Und alle waren sich darin einig: der Ausflug hat sich gelohnt.
Sowohl die einzigartige Qualität der aus dem Ägyptischen Museum Turin entliehenen Fundstücke wie z. B. die Statue des Pharao Thutmosis I., diverse Original-Mumien und Särge als auch ihre Präsentation und Dokumentation waren den Besuch wert.
Im Anschluss wurde der benachbarte Speyerer Dom besucht, der als eine der bedeutendsten romanischen Kirchen Deutschlands schon vor 1030 von Konrad II. gegründet wurde. Er wurde 1981 UNESCO-Welterbe und beherbergt in der Krypta die Gräber von acht deutschen Kaisern und Königen.
Nach dem Mittagessen galt die besondere Aufmerksamkeit der Dreifaltigkeitskirche aus dem Anfang des 18. Jhdt. und anschließend dem Judenhof mit den Resten einer mittelalterlichen Synagoge und einer Mikwe, dem Ritualbad der Juden. Die Baulichkeiten entstanden im 11. Jhdt. als Zentrum einer jüdischen Gemeinde, die bis etwa 1500 friedlich im christlichen Umfeld existierte.
Den Abschluss der Exkursion nach Speyer bildete die Besteigung des Altpörtel, eines 55 m hohen Stadttores am Ende der Maximilianstraße, der Gelegenheit zu einem hervorragenden Rundblick auf Speyer und seine historischen Schätze bot.
Ausflug am 04.08.2012 nach Heidenheim, Aalen und Königsbronn
Am 04.08.2012 starteten 45 Römerfreunde zu einem besonderen Ausflug in die Ostalb. Keine lange Vorbereitungszeit war nötig sondern nahezu spontan ging es diesmal auf Einladung unseres "Hausarchäologen" Dr. Peter Knötzele zu seiner derzeitigen Ausgrabungsstelle nach Heidenheim – Fürsamen. Unser Vorsitzender hat die Tour elegant um den Besuch des Limesmuseums Aalen und der Gedenkstätte Königsbronn für den Hitler-Attentäter Elser erweitert.
Die erste Station – Heidenheim – erreichten wir bei schönstem Ausflugswetter. Auf freiem Feld, das später eine Neubausiedlung erhalten soll, führte uns P. Knötzele gemeinsam mit Frau Verena Bohnert in die Probleme einer großflächigen Notgrabung ein, bei der es nur grundsätzliche Hinweise auf Siedlungsspuren, aber keine spektakulären Mauerreste gibt. So waren die bisherigen Ergebnisse der jahrelangen Untersuchungen auf Pfostenlöcher von Holzhäusern, Spuren von Rennöfen und Tröpfchenschlacke, Reste der verschiedensten Gebrauchsgegenstände und Schmuckstücke sowie die Erkenntnis beschränkt, dass die günstige Lage an der Brenz schon über Jahrtausende von Menschen genutzt wurde. In römischer Zeit schien man auf dem Gebiet die Pferde des Reiterkastells Aquileia, das seit etwa 85 n. Chr. mit über 1.000 berittenen Soldaten in Heidenheim existierte, zu pflegen und zu versorgen.
Die jüngste Geschichte kam in Königsbronn zum Zuge. Eine Gedenkstätte erinnert an den dort aufgewachsenen Johann Georg Elser, der als überzeugter Einzeltäter schon am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Bombenattentat auf Hitler und Gefolgsleute versucht hat.
Anschließend ging es weiter nach Aalen, wo im dortigen Limesmuseum eine Sonderausstellung "Gefährliches Pflaster – Kriminalität im Römischen Reich" angeboten wurde. Hier konnte man auch die schon in unserer Sonderausstellung "Welterbe Limes" gewonnenen Erkenntnisse durch das originale Limeskastell und die dort gemachten wertvollen Funde ergänzen. Eine "Liveschau" römischen Lebens auf dem Kastellgelände bildete den Abschluss einer ausgesprochen vielfältigen "Spontanfahrt" der Römerfreunde.
Die Frau des Archäologen - Agatha Christie bei Ausgrabungen im Vorderen Orient
Hieß der Stettfelder Abendvortrag von Dr. Claudia Braun, der Leiterin der Antikensammlung der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, am 22.10.2012 im Römerkeller Stettfeld. Sehr präzise, unterstützt von vielen teils von Agatha Christie selbst aufgenommen Fotos von Ausgrabungsarbeiten, den handelnden Personen und den wertvollen Funden, berichtete sie über eine weniger bekannte Seite der weltberühmten Kriminalschriftstellerin.
Agatha Christie (1890-1976) wurde nach Anfangserfolgen als Schriftstellerin eine sehr aktive Partnerin bei Ausgrabungen im Vorderen Orient. Sie hatte in zweiter Ehe den wesentlich jüngeren Max Mallowan (1904-1978) geheiratet, der dank seiner Grabungserfolge und Forschungen zu einem der bedeutendsten Archäologen der Ausgrabungen im Nahen Osten wurde.
Von 1928 bis 1958 hielt sich Agatha Christie mehrfach im Vorderen Orient auf, dem sie auf tiefe Weise verbunden war. Ihre erste Reise im Herbst 1928 führte sie nach Bagdad und nach Ur im Süden des Irak, wo sie Land und Leute kennen lernte und ihre Begeisterung für die Archäologie entdeckte. Ab 1931 hat sie dann regelmäßig 3-4 Monate im Jahr an Grabungen ihres Mannes teilgenommen und sich auch an den Kosten beteiligt. Das Leben im Camp, wo sie sich unprätentiös ins Team einfügte, bot ihr viele Anregungen und Erlebnisse, die sie in ihren Romanen verarbeitete.
Die Schilderung der einzelnen Grabungen (im Irak Niniveh, Tell Arpachiyah, Nimrud, Balawat, in Syrien Chagar Bazar, Tell Brak) beinhaltet auch die bahnbrechenden Funde und Forschungsergebnisse, mit denen erstmals ein archäologisches Grundgerüst für die Geschichte Vorderasiens gelegt werden konnte.
Auf vielfältige Weise hat Agatha Christie bei den Ausgrabungen mitgewirkt: als Aufseherin über die einheimischen Grabungsmitarbeiter, Zeichnerin, Fotografin, Kamerafrau, Dokumentarin (Katalogisierung und Beschriftung von Funden), Restauratorin und medizinische Assistentin (dank ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten als Krankenschwester und Apothekenhelferin im 1. und 2. Weltkrieg).
Auch entstand der überwiegende Teil von Agatha Christies Werken, die 1933-1938 erschienen sind, auf diesen Grabungen. Als Beispiele seien genannt: Mord im Orient Express (1934), Mord in Mesopotamien (1936), Tod auf dem Nil (1937), Rendezvous mit einer Leiche (1938). Das Theaterstück "Zeugin der Anklage" (1953) schrieb sie in Bagdad.
Von der 46 Jahre dauernden Ehe Agatha Christies mit Max Mallowan profitierten die Archäologie und vor allem Max Mallowan selbst aufgrund der tatkräftigen, emotionalen und finanziellen Unterstützung durch die erfolgreiche Autorin. Trotz aller Hingabe an die Archäologie behält die Autorin jedoch einen kritischen Blick, der sich auch in spöttischen Bemerkungen über Archäologen äußert.
Die Referentin, die durch Reisen in jüngster Zeit nach Syrien und zu den dortigen Ausgrabungsstätten auf die Rolle Agatha Christies in der Archäologie aufmerksam wurde, hat sich ausführlich mit den Autobiografien von Agatha Christie und Max Mallowan beschäftigt. Die Schilderungen in "Erinnerung an glückliche Tage" (1946) sowie eigenhändig gemachten Aufnahmen der Schriftstellerin und Briefe des Ehepaars lagen dem Vortrag ebenso zugrunde. Schließlich fand sie ergänzendes Material in dem Katalog einer Ausstellung in Essen "Agatha Christie und der Orient" (1999).
Die 35 Besucher der Veranstaltung waren sehr beeindruckt von der einfühlsamen Schilderung des archäologischen Lebensabschnitts der berühmten Kriminalschriftstellerin und bekundeten ihren Dank für diesen Vortrag mit lang anhaltendem Applaus.
Die “Hexe von Leonberg” - der Hexenprozess gegen Katharina Kepler
Der Referent Herr Wolfgang Dietz M.A., vom Historischen Institut der Universität Stuttgart, berichtete unter dem Titel "Die Hexe von Leonberg - der Hexenprozess gegen Katharina Kepler" am 19.11.2012 im Römerkeller Stettfeld umfassend über die Hexenprozesse Anfang des 17. Jhdt. – insbesondere über den Prozess gegen Johannes Keplers Mutter, Katharina Kepler, welcher in Güglingen und Leonberg geführt wurde.
Die im August 1615 des Hexerei Deliktes beschuldigte Katharina Kepler, Mutter des berühmten Astronomen und Mathematikers Johannes Kepler, war ein Opfer der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen, welche in einzelnen Kleinherrschaften und Kleinterritorien, des konfessionell und rechtlich zersplitterten Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, als Zentren der Verfolgung intensiv durchgeführt wurden und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Europa ihren Höhepunkt erreichen sollten.
Drei Faktoren prägten die Hexenverfolgungen in Europa:
1. Das Konzept des Hexerei Deliktes, das aus Schadenszauber, Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Hexenflug und Hexensabbat bestand, musste bei der Bevölkerung und der Herrschaft bekannt sein und bei der Deutung von Unglücksfällen, wie beispielsweise Wetterkatastrophen, angewendet werden.
2. Eine allgemeine Krise, wie z. B. eine durch Hagelschlag verursachte Missernte, musste sich vor Ort zu einer konkreten Notlage verdichten.
3. In der einzelnen Herrschaft musste sich ein Justizsystem formiert haben, dass einerseits in der Lage war, viele Hexenprozesse in kurzer Zeit zu verhandeln, andererseits aber noch nicht von einer professionellen Verwaltung kontrolliert wurde.
Im Herzogtum Württemberg mit seiner ausgeprägten Justizverwaltung wurden nachweislich nur etwa 30 % der Hexereiprozesse mit einer Verurteilung beendet, obwohl damals, wie Johannes Kepler in einem Brief geschrieben hatte, in Württemberg das Wort umging: "Nur auff den Scheitterhauffen mit alten Weibern". Die 1547 oder 1550 geborene Katharina Kepler erfüllte alle Voraussetzungen der Hexerei angeklagt zu werden: sie war eine fast 70-jährige alleinstehende Frau, die in ihrem Wohnort Leonberg keinen guten Leumund besaß. Darüber hinaus wirkte in der Amtsstadt Leonberg mit Lutherus Einhorn ein Vogt, in dessen Amtszeit von 1613 bis 1629 mit acht Hexenverbrennungen vergleichsweise viele derartige Hinrichtungen fielen. Er versuchte, zusammen mit der Partei der Kläger sämtliche vom württembergischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten zugunsten der Anklage auszuschöpfen. Die erste Vernehmung Katharina Keplers zu den Hexereivorwürfen erfolgte ohne Rechtsbeistand und mit Androhung von Waffengewalt. Den Klägern wurde durch ständige Verzögerung von Gerichtsterminen ermöglicht, eine große Zahl an "Zeugen" für die Zaubereivorwürfe ausfindig zu machen.
So war es ein Glück für die Angeklagte, dass der Prozess auf Bitten ihres jüngsten Sohnes Christoph aus der vergifteten Atmosphäre Leonbergs in die Amtsstadt Güglingen verlegt wurde. Zudem schöpfte ihr ältester Sohn Johannes zugunsten seiner Mutter sämtliche Mittel des württembergischen Justizwesens aus und stand ihr auch in der letzten entscheidenden Befragung bei. Besonders dieser Unterstützung verdankte Katharina Kepler die Ablehnung der von der Anklage beantragten Folter wegen mangelnder Indizien. Da sich jedoch die Tübinger Juristenfakultät und der Oberrat nicht auf einen bedingungslosen Freispruch einigen konnten, verhängten sie die Folter ersten Grades, die sogenannten Territio verbalis, in welcher der Scharfrichter der Delinquentin die Folterinstrumente lediglich zeigte und erklärte. Hierbei konnte sich Katharina Kepler schließlich selbst entlasten und wurde auf Befehl Herzog Johann Friedrichs von Württemberg am 4. Oktober 1621 frei gesprochen, jedoch erst am 7. Oktober nach insgesamt 405 Tagen in Haft entlassen.
Die detaillierten Ausführungen des Vortragenden wurden von einer 34-köpfigen Zuhörerschaft mit großem Interesse begleitet und mit ebenso großem Applaus belohnt.