Stettfelder Abendvorträge 2017

Dieser Seite entnehmen Sie bitte die Berichte der Stettfelder Abendvorträge sowie Berichte über weitere Veranstaltungen des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld aus 2017.

Palmyra - Schicksal einer Stadt in Syrien

Am 16. Januar 2017 referierte Frau Dr. Claudia Braun vom Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim vor gut 80 Zuhörern beim Freundeskreis Römermuseum Stettfeld über das Schicksal der syrischen Wüstenstadt Palmyra. Einem Überblick über die Stadtgeschichte folgte ein ausführlicher und reichbebilderter Stadtrundgang zu den wichtigsten Baudenkmälern der Stadt, wobei auch die Grabanlagen (neben sog. Tempelgräbern vor allem Turmgräber und unterirdische Anlagen) vorgestellt wurden.

Palmyra hatte in seiner Blütezeit vom 1.-3. nachchristlichen Jahrhundert etwa 40000 Einwohner, seine Baudenkmäler übertrafen an Größe und Erhaltungszustand vieles, was wir von anderen antiken Orten kennen. In jüngster Vergangenheit haben sie leider unter Kampfhandlungen zwischen syrischer Armee und IS sowie barbarischen Zerstörungsaktionen und Plünderungen durch den IS erheblich gelitten. Das genaue Ausmaß der Schäden läßt sich derzeit noch nicht ermitteln.

Die außergewöhnlich zahlreich erschienene Zuhörerschaft bedankte sich für den umfassenden und beeindruckenden Vortrag mit langanhaltendem Beifall und bestätigte wieder einmal, daß sich die Stettfelder Abendvorträge des Freundeskreises Römermuseum zu einer lokalen kulturellen Institution entwickelt haben.

Die Odyssee

Am 6. Februar 2017 referierte Enrico De Gennaro vom Römermuseum Güglingen über die Odyssee, eines der ältesten Werke unserer abendländischen Literatur. Die zehn Jahre währende Irrfahrt des Odysseus fand nicht nur ihren Niederschlag in der antiken Kunst, sondern inspirierte auch die Menschen: Schon früh beschäftigten sich antike Geographen und Autoren mit der Lokalisierung der Stationen dieser Irrfahrt; selbst Vergil nahm sich die „Odyssee“ zum Vorbild, als er mit seiner „Aeneis“ das Nationalepos der Römer schuf. Ausgehend von dem nördlich der Alpen einzigartigen Relief von Güglingen-Frauenzimmern mit Motiven aus der Odyssee nahm der Referent, der die angeblichen Reisestationen des Odysseus selbst besucht hat, seine fast 60 begeisterten Zuhörer mit auf eine spannende Reise durch jene mythischen Landschaften und Orte des Mittelmeers. Die fundierten Ausführungen wurden durch zahlreiche Lichtbilder der Örtlichkeiten sowie verschiedener Zeugnisse der antiken Kunst mit Motiven aus der Odyssee begleitet.

Morgens Drill - Abends Sauna - Römische Militärbäder in Baden im Wandel der Zeit

Am 14. März 2017 nahm Frau Dr. Petra Mayer-Reppert aus Karlsruhe gut 40 Zuhörer bei einem Abendvortrag des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld mit auf eine Zeitreise durch vier römische Militärbäder und drei Jahrhunderte quer durch den rechtsrheinischen Teil der römischen Provinz Germania Superior. Mit den Soldaten kam nämlich im 1. Jahrhundert n. Chr. auch die Badekultur in die neu dem Imperium Romanum eingegliederten Gebiete nördlich der Alpen. Zunächst wurden Badeanlagen für den Gebrauch des Militärs errichtet, bald jedoch auch von der Zivilbevölkerung mitbenutzt.

Am Beispiel der Militärbäder von Hüfingen, Baden-Baden, Neckarburken und Osterburken zeigte die Referentin technische Weiterentwicklungen und Veränderungen in der architektonischen Gestaltung auf, welche letztlich mit veränderten Badegewohnheiten zusammenhängen. Die Zuhörer lernten so z. B. den sog. „Blocktyp“ kennen, der um 100 n. Chr. vom „Reihentyp“ abgelöst wurde. Auch ist die allmähliche Zunahme von beheizten Räumen in den Bädern wohl auf wachsende Komfortansprüche zurückzuführen. Für ihre sachkundigen Ausführungen und tiefschürfenden Antworten auf Zuhörerfragen erntete die Referentin herzlichen Applaus.

Technik der Römer „zum Anfassen”

Am 6. April 2017 führte unser Mitglied, Lothar Weis, die Zuhörerschar in die weit entwickelte Technik der Römer ein. Erläutert wurde diese am Beispiel des Fuciner Sees: selbiger, mit einer ursprünglichen Oberfläche von 155 km² größte See Mittelitaliens, hatte keinen natürlichen Abfluß, was zu starken Seespiegelschwankungen und damit verbundenen Hochwässern führte. Aus diesem Grunde ließ Kaiser Claudius in elfjähriger Bauzeit von 41-52 nach Christus und mit bis zu 30.000 Arbeitern im Lichtschachtverfahren einen 5,6 Kilometer langen Entwässerungstunnel unter dem Monte Salvianograben, der den See auf eine Größe von 57 km² zusammenschrumpfen ließ. Die Vermessung des Tunnels erfolgte mit dem Chorobat, einem Nivelliergerät mit Richtschnüren und Setzwaagen durch Staffelmessung. Damit die Praxis nicht zu kurz kam, erklärte Lothar Weis an zahlreichen Modellen und unter tatkräftiger Einbeziehung des Publikums, nach welchem Prinzip die jeweiligen Maschinen und technischen Hilfsmittel funktionierten. Neben den schon erwähnten Messgeräten, waren dies Doppeldruckpumpe, Laufrad, Flaschenzug, Halbkreisbogen und eine Seilerbahn, welche Schnüre zu einem stabilen Seil verdrillte. Und wer wollte, konnte noch mit einem Katapult die Wurftechnik der Römer „scharf“ nachvollziehen. Dass die Römer bei ihrem Teilentwässerungsprojekt äußerst durchdacht vorgingen, zeigte Herr Weis am Schluß des Vortrages: so wurde bei der totalen Entwässerung des Sees 1875 zwar noch einmal eine Menge fruchtbaren Ackerlandes gewonnen – das ausgleichende Seeklima aber war endgültig dahin – und mit ihm zahlreiche temperaturempfindliche Gewächse.

Rom trifft Ramses

Am 12. Mai 2017 besuchte eine Gruppe des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld e.V. die vielgelobte Ramsesausstellung im Landesmuseum Karlsruhe. Der Besuch ging auf eine Einladung zurück, die der Karlsruher Museumsdirektor Prof. E. Köhne bei der Wiederöffnung des Römermuseums 2016 in Stettfeld voller Begeisterung über die gelungene Neugestaltung ausgesprochen hatte.

Nach einem geschichtlichen Überblick führte Prof. Köhne die Gruppe höchstpersönlich durch die hervorragend gestaltete Ausstellung, die den bedeutenden altägyptischen Pharao und seine Zeit aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtete. Qualitätvolle Exponate zahlreicher internationaler Leihgeber und – teils digitalisierte – Rekonstruktionsversuche der von Ramses angeordneten gigantischen Bauwerke riefen das Erstaunen der Römerfreunde hervor. Hervorgehoben sei auch der Einfallsreichtum der Ausstellungsmacher, die z. B. in einem Raum durch die Kombination kreisförmig angeordneter Deckenstrahler und Vorhangschnüre den Eindruck einer monumentalen ägyptischen Säulenhalle erweckten. Sehr positiv wurde ferner empfunden, daß Prof. Köhne sich viel Zeit für die Beantwortung von Fragen der Besucher nahm.

So kamen die Römerfreunde nach gut achtzigminütiger Führung einmütig zum Ergebnis, daß der Ausstellungsbesuch nicht nur einen erheblichen Zugewinn an Wissen, sondern auch viel Freude an der Entdeckung des berühmten Pharaos und seiner Zeit mit sich gebracht hatte. Zu den Besonderheiten des Freundeskreises Römermuseum Stettfeld gehört nämlich, daß man sich in Ausstellungsbesuchen, Ausflügen und Vorträgen auch mit anderen antiken Kulturen sowie dem Fortwirken der Antike beschäftigt.

Die Christianisierung des Kraichgaus - Wann, wie und wieso die Region christlich wurde …

Am 23. Oktober 2017 hielt Jeff Klotz, Leiter des Römermuseums in Remchingen, in Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk und vor vollbesetztem Saal, einen Vortrag über die Christianisierung Südwestdeutschlands und des Kraichgaus. Zu Ende der römischen Herrschaft stehen nur wenige linksrheinische Städte mit einem Stadtpfarrer (Bischof) den heidnischen Alamannen, einem aus vielen elbgermanischen Völkern zusammengewürfelten Haufen, dessen Stammesgenese erst auf ehemals römischen Reichsboden erfolgte, gegenüber. Alamannische Funde aus der Zeit des 3. und 4 Jahrhunderts sind in unserer Gegend selten und recht unspektakulär, jedoch macht sich in der Bestattungssitte schon um 450 n. Chr. - und damit ca. 50 Jahre vor der Schlacht von Zülpich, in der die Franken über die Alamannen siegten, fränkischer Einfluss durch die nun auftretenden, O-W ausgerichteten Reihengräberfelder bemerkbar. Nach dieser siegreichen Schlacht können die Franken ihre Macht rasch ausdehnen, da sie nur die einheimischen Fürsten ersetzten, die alten Herrschaftsstrukturen jedoch beibehielten. Um 600 ist zwar eine christliche fränkische Führungsschicht zu erkennen; die Bevölkerung hängt aber immer noch zu einem Großteil dem alten Glauben an. Dies ändert sich in den nächsten Jahrzehnten: Ab der Zeit um 630 nehmen in den Gräberfeldern Beigaben mit christlichen Symbolen deutlich zu. Als Beispiele seien hier Goldblattkreuze und dünne Gewandschließen mit christlichen Symbolen, die sogenannten Brakteatenfibeln, aufgeführt. Christliche und heidnische Beigaben halten sich noch die Waage, bis um 700 die heidnische Beigabensitte ganz wegbricht. Was ist geschehen?

Um 600 kommen über das Gebiet des heutigen Frankreichs Wandermönche der iro-schottischen Mission an den Rhein. Diese leiten den Missionsbefehl nicht wie andere Mönchsgruppen aus dem Epheser-, Römer- oder Korintherbrief ab, sondern aus dem Alten Testament, Genesis 12,1. Die Antriebsfeder dieser Wandermission (Peregrinatio) ist, durch die Missionierung die eigene Schuld und Sünde abzubüßen. Ab 600 entstehen zahlreiche Klöster in unserem Gebiet, wie Weißenburg, St. Gallen oder Schuttern, die durch Schenkungen der Adligen zu Grundbesitz und Reichtum kommen; der heidnische Opferkult wird somit in einen christlichen Schenkungskult umgewandelt: Grundbesitz im Tausch gegen Seelenheil. Der Adel ist Träger der Christianisierung und gründet die ersten, meist noch hölzernen Ortskirchen. Durch eine Ausbildung vor Ort und Anpassung an die unterschiedlichen Gegebenheiten und Dialekte, ist die Mission der Mönche rasch erfolgreich.

Um 760/80 ändert sich die Lage erneut: Die Bischöfe der Städte verleiben sich die Klöster und deren Umlandsbesitzungen ein (Inkorporation) und es entstehen somit die ersten größeren Bistümer. Ebenso erfolgt mit den Klostergründungen auch ein Siedlungsausbau und es verfestigen sich langsam die bisher wandernden Ortslagen. Grundbesitz wird in den nun zahlreich entstehenden Kodexen (z.B. im Lorscher Kodex) dokumentiert. Mit der Herrschaft Karls des Großen ist das Christentum in unserer Region völlig etabliert: In der Pfarrordnung, dem Corpus Christianum von 786, wird bestimmt, dass jeder Ort seinen eigenen Pfarrer, Kirche und Friedhof erhält. Zugleich werden die Kirchenbücher eingeführt, welche – als angenehmer Nebeneffekt- auch als Grundlage für Besteuerung und Wehrdienst dienen. Die ehemaligen Adelskirchen sind nun Stifterkirchen und Grablegen für den Dorfadel. Bestattet wird in und um diese Kirchen, womit die Sitte der Reighengräber aufhört zu existieren. Es kommt jetzt der Typ der fränkischen Saalkirche auf, mit Eingang auf der Südseite und abgeschranktem Chorraum. Zum Schluss des Vortags zeigte der Referent noch Bilder des um 1050 entstandenen Evangelienreliefs aus Nöttingen mit Kreuzigungs- und Wiederauferstehungsszene. Dort treten die Symbole der Evangelisten und das Lamm Gottes gegen die Mächte der Finsternis an – und schon die Verteilung der Figuren, 2/3 das Gute und 1/3 das Böse, zeigt, wer schließlich Oberhand behält: Ende gut, alles Gut!

Einblicke in die römische Pflanzenwelt

Am 23. November 2017 hielt Enrico de Gennaro, Leiter des Römermuseums Güglingen, vor 40 gespannten Zuhörern einen Vortrag über die römische Pflanzenwelt. Ausgehend von im feuchtem Milieu von Brunnen oder Latrinen aus Güglingen erhaltenen Pollen- und Pflanzenresten und von einer Bohrung in den moorigen Schichten der Lauffener Neckarschlinge, konnte man Rückschlüsse auf die Botanik der Römerzeit schließen.

Dabei zeigte es sich, dass Pflanzen mit den unterschiedlichsten und teilweise sogar gegensätzlichen Anforderungen an Boden, Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung in einem engen Umkreis um die Fundstelle wuchsen. Man kann somit von einem bunten Mosaik von fruchtbaren Äckern, feuchten Flussauen und trockeneren, sandigen Gebieten ausgehen. Trotz mehrerer nachgewiesener Baumarten, setzten die Baumeister in Güglingen offenbar auf Qualität und verwendeten ausschließlich Eichenholz. Durch die Zusammensetzung und Gewichtung der Pflanzenfunde, besonders der Getreidepflanzen, ist auch eine Änderung in der Ernährung und beim Anbau feststellen: Emmer und Einkorn, in vorrömischer Zeit stark verbreitet, werden im mittleren Neckarraum durch Gerste und Dinkel stark zurückgedrängt. Auch wurden mehrere Nutzpflanzen neu durch die Römer in unsere Region eingeführt oder erstmals veredelt. Dies sind z.B. Walnuss, Pflaume, Pfirsich, Gurke, Fenchel, Dill oder Sellerie - aber auch Unkräuter, wie die Kornblume. Nicht immer ist dabei eindeutig, ob die Pflanzen hier angebaut wurden oder reine Importe blieben. Feige oder Weintraube - letztere wurde nachweisbar erst im späten 3. und 4. Jahrhundert in der Moselregion angebaut - stehen für solche fraglichen Fälle. So konnten die Zuhörer schließlich mit vielen neuen Erkenntnissen nach Hause gehen und vermutlich blieb jedem von ihnen auch der Name einer in den Fundschichten Güglingens nachgewiesenen Pflanze im Kopfe hängen: dem Eichhörnchenschwanz-Weißzahnmoos!

Über den Rand geschaut - Natur- und kulturgeschichtliche Eindrücke am Übergang zwischen Kraichgau und Schwarzwald

Am 12. Dezember 2017 hielt unser Mitglied Jürgen Alberti vor fast 50 Zuhörern einen Vortrag über die faszinierende Landschaft rund um Pforzheim. Startpunkt der Reise war Bauschlott, das einzige Angerdorf im Kraichgau. Aber nicht nur der 30-35m breite Grünstreifen des Angers macht das Örtchen sehenswert – es sammeln sich auch zahlreiche architektonische Highlights wie Fachwerkhäuser mit Biberschwanzziegeln, ein an allen Seiten umschlossener Vierkanthof, alte und einheitliche Modellhäuser, deren Bau vom Landesherren steuerlich gefördert wurde, ein Firstständerhaus von 1442 und eine Weinbrennerkirche. Besonders schön ist der Ort mit seinem Schloß im Frühjahr, wenn der Blumenschmuck in voller Blüte steht.

Bekanntermaßen ist der Kraichgau auch durch seinen Untergrund aus Jura, Keuper- und Muschelkalkgestein definiert. In letzterem bildeten sich durch Auflösung und Auswaschung des Gesteins durch Wasser zwei Erdfälle oder Dolinen, die Eisinger Löcher. Während das eine, 21 m tief, schon seit langer Zeit existiert, entstand das zweite durch Einbrechen der Muschelkalkdecke erst 1966.

Ein weiteres Naturhighlight ist die Springenhalde bei Ersingen, eine Streuobstwiese, die bis 1982 von Wald bedeckt war. Durch eine behutsame Mahd konnte hier eine in unserer Gegend einmalige Pflanzenvielfalt entstehen. Besonders seltene Orchideen und Blumen wie das Bienenragwurz und das Hummelragwurz mit einer höchst interessanten Vermehrungsstrategie - durch Aussehen und Duft der Blüte glaubt das Männchen der Hummel, er hätte es mit einem Weibchen zu tun- ziehen Naturfreunde aus ganz Deutschland an. Hinzu kommen noch wärmeliebende Insekten, von denen der Mittlere Weinschwärmer, ein Falter, sogar nachts hervorragend sehen kann.

Nach einem Abstecher in Tiefenbronn, dessen gotische katholische Kirche durch ihre kunstgeschichtlich bedeutenden fünf Altäre glänzt, endete die Reise durch die Grenzlandschaft zwischen dem Kraichgau und der südlich angrenzenden Buntsandsteinlandschaft in Öschelbronn-Dürrn. Hier beginnt schon der schwäbische Streuobstanbau, der mit seinen teilweise stehengelassenen Totholzbäumen Klaiber, Specht, dem Steinkauz und Blattschneidebienen nicht nur Nahrung, sondern auch Unterschlupf bietet. Nach über anderthalb Stunden endete der Vortag mit dem Bild des wohl schönsten Baum des Kraichgaus, einem über 250 Jahre alten Speierling, dessen Früchte zur Klärung der Mostmaische dienten.